Hilfe für Schlangenbabys

Als wir zum ersten Mal in die Terraristik einstiegen, war das Wort "Futterschlange" eines der neuen Worte, die wir kennenlernten. Manche Schlangen können aufgrund ihrer speziellen Verdauung nur mit anderen Schlangen gefüttert werden. Die Gründe aber weshalb man viele Schlangen auch so verfüttert oder vor der Geburt tötet waren alles andere als lobenswert und über dieses Thema wir gerne sprechen möchten.

 

 

Reptilieneier für die Mülltonne

 

Manche mögen überrascht sein, dass es sehr häufig vorkommt, dass z.B. Kornnatter-Eier nicht ausgebrütet, sondern im Müll landen. Der Grund scheint für viele Schlangenhalter berechtigt.

"Der Markt ist von Kornnattern zu übersättigt."

Diese Fakten gelten entsprechend besonders für Normalfarbige und weitere schon zu oft gezogene Farbmorphen wie Amelanistik gelten inzwischen ebenfalls als Billig-Ware. Kein Wunder, wenn die Tiefkühltruhe für einige der beste Weg ist das Gelege zu entsorgen. Muss man es aber soweit kommen lassen, nachdem das Muttertier den ganzen Aufwand betrieben hatte?

"Wer keinen Nachwuchs haben möchte, sollte die Tiere erst nicht verpaaren," so ein Züchter aus Süd-BW, der seit mehreren Jahren Königspythons züchtet.

Kann man von Verantwortung gegenüber dem Tier reden, wenn man das Pärchen unkonrolliert verpaart?

Was für den einen so plausible erscheint, so teilen viele diese Meinung nicht. Auch wir persönlich haben es bereits mit vielen Leuten zu tun gehabt, die keine Wimper zucken, wenn es um das Wegwerfen von Reptilieneiern ging.

"Die werden bei mir weggeschmissen", schrieb uns mal ein Schlangenhalter in einer Mail, der für seine Kornnatter-Mädchen-Gruppe ein Männchen von uns haben wollte. Als wir ihn fragen, ob er zu züchten beabsichtige, folgte der oben erwähnte Satz. Dass er diesen auch mit einem stolzen Smiley abschloss, verweigerten wir ihm von vornherein die Übergabe eines unserer Männchen.

Zudem ist eine Geburt für ein Weibchen nicht immer komplikationslos. Vor allem wenn das Tier nicht entsprechend gefüttert wird und noch zu klein oder zu jung verpaart wird, ist die Wahrscheinlichkeit höher mit einer Legenot zu rechnen.

 

 

Von Kornis bis Köpys - Die Markt-Farbe entscheidet

 

"Heute in und morgen out."

Normalerweise sollte man das von der Kleider-Mode gewohnt sein, dennoch werden auch viele Tiere dem Trend unterzogen. Und Schlangen, die wegen ihrer schönen Hautfarbe einen Bonuspunkt gegenüber dem Minuspunkt ihrer fehlenden Arme und Beine (was für viele als ekelhaft gilt) noch ergattern, so hilft auch oft die schöne Färbung nichts, wenn alle so eine Farbe bereits besitzen und langsam langweilig wird. Man will was Neues.

Viele Tiere enden von daher als Futter, wenn die Farbe auf dem Markt zu häufig vorkommt und als schwer verkäuflich gilt.

Wie bereits oben erwähnt werden ungewollte Verpaarungen sofort entsorgt, andere hingegen brüten den unnötigen Nachwuchs aus und verkaufen sie als Futtertiere. In solchen Fällen können ungewollter Nachwuchs mit der Trennung der Geschlechter vormieden werden. Bei der gezielten Zucht sieht es allerdings anderes aus, da man nicht ins Innere des Eies sehen kann. Erst wenn die Tiere schlüpfen sieht man was rausgekommen ist. Danach beginnt man mit dem Aussortieren. Das gleiche geschieht auch mit Königspythons. Kornnattern mögen für den einen wertloser sein, als Königspythons. Dennoch ist auch bei Königspythons der Minderwert-Farb-Trend eingegangen, obwohl sie unter den WA II (Washingtoner-Artenschutzübereinkommen) stehen. Doch dieser gilt nur für den internationalen Handel und verbietet es nicht, dass ein Königspythons als Futter verkauft werden dürfe. (Dasselbe gilt auch für Boas).

Manche Farbmorphen, die als billig gelten, darunter besonders die normale Wildfarbform "Classic" werden nach der Geburt verfüttert oder für Frostfutter eingefroren.*

"Männchliche Classics oder Männliche het piebalds haben es besonders schwer verkauft zu werden", so eine Züchterin, die jedoch keinen Wert auf eine Tötung legte. Bei andern Züchtern sieht es allerdings oft anders aus und die Tiere werden unter privater Hand an andere Tiere verfüttert. Allerdings auch an Tiere, bei denen Schlangenfleisch nicht lebensnotwendig zum Überleben wäre wie z.B. bei einigen Waranen, denen Schlangenfleisch oft nur zur Abwechslung verabreicht werden, damit der Züchter den Ballast los wird.

Es muss jedoch hinzugefügt werden, dass man keinesfalls alle Züchter bzw. Schlangenhalter über einen Kamm scheren darf. Auch wir selber hatten auf Reptilien-Börsen viele positive Gespräche mit Züchtern gehabt, die ihre Tiere nie unterschiedlich behandeln würden. Für viele ist die Farbe nicht entscheident und geben einer Farbe von wenigen Euro-Wert dieselbe liebevolle Aufmerksamkeit wie einem 6000 Euro teurem Tier.

 

 

* Laut Tierärzten ist das Einfrieren von Reptilien Tierquälerei, da die Tiere lebendig das Sterben am Leib zu spüren bekommen. Auch eine vorher durchgeführte Winterruhe (Reptilien werden vorher unter niedrigen Temperaturen gehalten) lindert nicht das Leid der Tiere. Eine Betäubung wie mit CO2 kann ein Einfrieren berechtigen, jedoch sollte dies unter Aufsicht eines Experten durchgeführt werden.

Wer an der schmerzlosen Einfriermethode eines Reptilienhalters zweifelt, kann sich ans nächstliegende Veterinäramt wenden.

Sonora wurde wegen ihrer Classic-Färbung als Futter verkauft, konnte allerdings noch gerettet werden.

Nobody is perfect

 

"Es kommt nicht aufs Äußere an, ..." so kann man gut sagen, denn das Schlangen mit einem Schönheitsfehler auf die Welt kommen, kommt zwar selten vor, aber ist dennoch möglich. Krasse Schönheitsfehler wie zusammengewachsene Köpfe  oder zweiköpfige Tiere, fehlende Augen sind dagegen selten, dennoch kann es mal ein paar Macken bzw. Fehler im Körperbau geben, die weniger gravierend sind. Manche Tiere sind sogar aufgrund ihrer Fehlbildungen nicht überlebensfähig. Wirbelsäulenverkrümmungen, die mal mehr oder weniger ausgeprägt sind, manchmal sind es nur kaum fühlbare Buckel im Wirbel, sind dagegen häufiger, aber nicht die Regel und die Tiere können eigentlich sehr gut damit leben. Dennoch ist dieser Schönheitsfehler oft entscheidend, ob ein Tier lebt oder stirbt.

Ein Beispiel was uns besonders betroffen hatte, war als eine Konrnatter Züchterin in einem Forum ihre Tiere präsentierte, und ein Foto eines schönen Kornnatter-Tieres zeigte. Der darunterliegende Satz war ernüchternd.

"Hat ein paar leichte Knicke, ich denke ich behalte ihn noch zwei Jahre, dann wird er als Futterschlange verkauft."

Der Leser kann sich hierzu selbst ein Urteil bilden.

Grundsätzlich sollte man solche Tiere zur Vorsicht nicht verpaaren, solange die Ursache nicht eindeutig geklärt ist oder vererbbar ist. Laut Tierärzten kann ein Tier getrost damit weiterleben, solange es nicht unter Schmerzen oder lebenserschwerenden Einschränkungen leidet.

Doch eben solche leichte Fehler sind für einige ein Dorn im Auge und so kann es leicht passieren, dass auch solche Tiere besser entsorgt werden und der Besitzer es lieber vorzieht sich nicht um die Pflege eines fehlerhaften Tieres zu kümmern, wenn es sich schwer als Zuchttier verkaufen lässt.

Aber wie kann man sagen, sein Tier wäre wegen eines Schönheitsfehlers weniger wert, wenn man als Besitzer selber nicht perfekt ist?

Nobody is perfect, das gilt für jeden Menschen. Auch Schlangen sind nicht vollkommen und haben das gleiche Recht zu leben wie normalgebaute Tiere.

 

 

 

Trägt man diese Fakten und Aussagen zusammen, muss man sich eher die Frage stellen was für den entsprechenden Schlangenhalter mehr im Vordergrund steht:

Das Tier oder der Markt?